Beim automatisierten, integrativen Testen von Software, die mit einem komplexen JPA-Datenmodell arbeitet, steht man unweigerlich früher oder später vor der Frage, wie sich semantisch sinnvolle Testdaten ohne großen Aufwand erzeugen lassen. Dieser Artikel zeigt, wie man mit Groovy eine Domain Specific Language (DSL) definieren kann, die es erlaubt, Testdaten leicht lesbar, modular und getrennt vom eigentlichen Test-Code zu definieren.


Der Original-Artikel aus der „Java aktuell“ steht hier als PDF zum Download bereit.

Automatisierte Software-Tests gehen von bestimmten Annahmen aus, bevor sie sicherstellen, dass das getestete Feature unter den gegebenen Bedingungen korrekt funktioniert. Testet man auf integrativer Ebene, manifestieren sich diese Annahmen oft in einem bestimmten Datenstand einer relationalen Datenbank. Vor Durchführung eines Tests müssen also entsprechende Testdaten erzeugt werden. Häufig widersprechen sich die für die einzelnen Testfälle benötigten Daten aber gegenseitig, so dass es nicht möglich ist, auf einem einmalig definierten Stand aufzusetzen. Vielmehr müssen die Daten programmatisch pro Testfall definiert und in die unterliegende Datenbank eingefügt werden. Dabei wird der Test-Code schnell unübersichtlich, wenn große Hierarchien oder große Datenmengen benötigt werden.

Es liegt also nahe, die Erzeugung der Testdaten auszulagern, so dass sich der eigentliche Test aufs Wesentliche konzentrieren kann. Dazu drängen sich zunächst zwei Alternativen auf: native SQL-Skripte und die Test-Bibliothek DBUnit. Beide orientieren sich aber an Tabellen und Spalten statt an Java-Objekten. Eine im Produktiv-Code durch JPA gewonnene Abstraktion der relationalen Datenbank, würde damit im Test wieder verloren gehen. Insbesondere beim Abbilden von Referenzen durch Fremdschlüssel macht sich das schmerzlich bemerkbar. Die Generierung der Daten lässt sich zwar vom Test-Code trennen, in puncto Übersichtlichkeit ist aber nichts gewonnen. Der Fokus sonstiger Alternativen liegt eher darin, große Mengen an Zufallsdaten zu erzeugen. Sie zielen auf Performance-Tests ab, sind aber für einen fachlichen Test ungeeignet.


Anforderungen

Wie aber sähe eine Lösung aus, die dem Datenbank-scheuen Java-Entwickler zusagt?
1. Zunächst müsste die Lösung nahtlos aus dem Java-Test-Code heraus aufrufbar sein.
2. Testdaten sollten wiederverwendbar und modular definierbar sein.
3. Die Lösung sollte vollständig objektorientiert arbeiten.
4. Gespeicherte Entities sollten dem aufrufenden Code zugänglich gemacht werden.
5. Testdaten sollten in einer gut lesbaren Form komfortabel definiert werden können.

Das Grails Fixtures Plugin erfüllt überwiegend oben genannte Anforderungen bereits mit einer Domain Specific Language (DSL). Es ist allerdings eng mit dem Grails-Framework verwoben. Im Folgenden wird daher gezeigt, wie sich die Anforderungen mit wenig Aufwand in einer Groovy-DSL umsetzen lassen, die direkt in herkömmlichen Java-Projekten genutzt werden kann. Der vollständige Code steht unter https://github.com/triologygmbh/test-data-loader zur Verfügung.


Groovy to the Rescue

Die JVM-Sprache Groovy bietet mit ihrer dynamischen Natur und viel syntaktischem Zucker beste Voraussetzungen, auf einfache Weise eine eigene DSL zu definieren. Unter http://www.groovy-lang.org/documentation.html stehen weiterführende Informationen zu Groovy zur Verfügung. Sprach-Features, die in der vorgestellten Lösung Verwendung finden, werden, im Falle des Einsatzes, kurz erklärt.


Die Lösung

Die größte Herausforderung beim Entwickeln der angedachten DSL wird es sein, eine möglichst einfache Syntax für die Definition der Testdaten zu finden und diese Definition dann in tatsächliche JPA-Entities umzuwandeln. Um dies ein wenig plastischer zu machen, zunächst ein Beispiel: Ziel ist es, ein JPA-Entity User durch folgendes Snippet zu instanziieren, die Felder entsprechen zu initialisieren, das Entity in der Datenbank zu speichern und dem Test-Code unter dem Namen „Peter“ zur Verfügung zu stellen.


Groovy-Skripte einlesen und ausführen

Bevor wir uns anschauen, wie aus der Definition ein initialisiertes Entity wird, sollen zunächst Lösungen für die übrigen Anforderungen diskutiert werden.
Groovy wird in Java-Byte-Code übersetzt. Daher kann Groovy-Code direkt aus Java-Code heraus aufgerufen werden, als wäre er in Java geschrieben. Die nahtlose Java-Integration bekommen wir also schon einmal geschenkt.
Zusätzlich ist es möglich, Groovy als Skript-Sprache einzusetzen. Dabei ist es relativ einfach möglich, Skriptdateien mit Groovy-Bordmitteln programmatisch einzulesen und auszuführen. Diese Möglichkeit eignet sich ideal für unsere Zwecke: Wir können so unsere Testdatendefinitionen in beliebige .groovy-Dateien auslagern und je nach Testfall die benötigten Dateien laden.
Wir führen hierzu die Klasse EntityBuilder ein, die einen Dateinamen entgegennimmt und die in der Datei definierten Entities erzeugt. Der vollständige Code steht im eingangs erwähnten GitHub-Repository zur Verfügung.

buildEntities nimmt den Dateinamen eines Entity-Definitions-Skripts entgegen. Diese Definition wird eingelesen und in eine ausführbare Skript-Instanz umgewandelt. Dabei wird zur Laufzeit eine Klasse erstellt, deren run-Methode den Inhalt des Skripts enthält. Diese run-Methode können wir nun wie jede andere Methode aufrufen und so das Skript ausführen. Hier ist zu beachten, dass Groovy-Referenzen, die im Skript nicht eindeutig sind, zur Laufzeit auflösen kann. Die eingesetzt Script-Subklasse DelegatingScript erlaubt es, ein Delegate zu setzen, gegen das nicht eindeutige Referenzen aufgelöst werden. Der EntityBuilder setzt sich an dieser Stelle selbst als Delegate des Skripts. Wozu das gebraucht wird, wird später deutlich.
Mit dieser Umsetzung können wir nun Testdaten modular in beliebigen Skriptdateien definieren und diese nach Bedarf laden. Gehen wir zunächst davon aus, dass tatsächlich die in den Skripten definierten Entities instanziiert und initialisiert werden, stellt sich die Frage, wie ihre Daten in die Datenbank gelangen.


Der Glue-Code

Um die Persistierung der Entities von ihrer Erzeugung zu entkoppeln, bietet der EntityBuilder die Möglichkeit, EntityCreatedListener zu registrieren. So können wir im Glue-Code in der Klasse TestDataLoader (s. Repo) einen Listener einsetzen, der sich darum kümmert, die Daten zu speichern. Der TestDataLoader erwartet einen fertig initialisierten JPA-EntityManager als Konstruktorparameter. Seine Methode loadTestData kann dann vom Client mit Entity-Definitions-Dateien aufgerufen werden. Nach Initialisierung des Listeners reicht er die Definitionen an den EntityBuilder weiter. Dieser erzeugt die definierten Entities und übergibt sie über das Listener-Interface an den EntityPersister zum Speichern.


Definition der eigentlichen DSL

Wir sind jetzt in der Lage, Entities in beliebigen Skripten zu definieren, die Definitionen einzulesen und die erzeugten Entities zu speichern. Beim eigentlichen Erzeugen der Entities kommen gleich mehrere Groovy-Features zum Tragen: Groovy erlaubt es, beim Aufruf von Methoden die parameterumschließenden Klammern wegzulassen. Zusätzlich ist es möglich, mittels geschweifter Klammern Closures zu definieren, also ausführbare Code-Abschnitte, ähnlich Java-8-Lambdas, die wie gewöhnliche Objekte über Variablen referenziert und übergeben werden können. Closures können dann an beliebiger Stelle ausgeführt werden.
Damit wird klar, dass der Ausdruck

nichts weiter ist als ein Aufruf der statischen Methode create im EntityBuilder (static import) mit drei Parametern (in Groovy kann eine Klasse einfach über ihre Namen referenziert werden. Der Ausdruck User ist daher äquivalent zu User.class.).
Schauen wir uns also an, was beim Aufruf von create aus der DSL heraus passiert.

Wir stellen fest, dass die statische create Methode lediglich an createEntity der Singleton-Instanz des EntityBuilders delegiert. Hier wird zunächst eine neue Instanz der übergebenen Entity-Klasse erzeugt und unter dem ebenfalls übergebenen Namen in der java.util.Map entitiesByName registriert. Hinweis: entitiesByName[entityName] = entity ist analog zu entitiesByName.put(entityName, entity). Nachdem das neue Entity in der Methode executeEntityDataDefinition mit Daten initialisiert wird, werden schlussendlich die registrierten Listener informiert.

Die eigentliche Magie passiert in den zwei Zeilen der Methode executeEntityDataDefinition. Ihr werden das neu instanziierte Entity sowie das aus dem Skript stammende Closure übergeben, in dem die Daten für das Entity definiert sind. Um zu verstehen was passiert, müssen wir allerdings etwas weiter ausholen. Schauen wir zunächst noch einmal auf das Closure, das im Skript als letzter Parameter an die create Methode übergeben wird:

Es werden augenscheinlich Variablen Werte zugewiesen. Diese Variablen sind allerdings nicht deklariert, so dass hier ein weiteres Groovy-Feature zum Tragen kommt. Der Ausdruck
myObject.someProperty = 'value' entspricht dem Aufruf eines Setters: myObject.setSomeProperty(‚value‘). Es werden im Closure also zwei Setter aufgerufen, die Frage ist nur: Worauf? Da die gesetzten Felder „zufällig“ genau den Properties des zu erzeugenden User-Entities entsprechen, wäre es nicht praktisch, würden sie direkt auf dem Entity aufgerufen? Die beiden Zeilen in executeEntityDataDefinition bewirken genau das. Ähnlich wie bei Skripten ist Groovy in der Lage, Methodenaufrufe innerhalb eines Closures zur Laufzeit dynamisch aufzulösen. Dazu kann man auch für das Closure ein Delegate definieren. Die in executeEntityDataDefinition aufgerufene rehydrate Methode erstellt eine Kopie des Closures und setzt den ersten Parameter als Delegate, in unseren Fall also das zuvor instanziierte Entity. Wird das Closure nun mit entityDataDefinition.call() ausgeführt, werden die Setter im Beispiel tatsächlich auf dem User-Entity aufgerufen, so dass dieses mit den entsprechenden Daten initialisiert wird.
Zeit, das bisher erreichte einmal auszuprobieren, bevor wir die DSL noch weiter verfeinern. Definieren wir uns also zunächst einen User

Die Klasse Demo.java führt vor, wie der TestDataLoader aus Java-Code heraus benutzbar ist und dass die erzeugten Entities tatsächlich persistiert werden. Die DSL-Snippets stammen aus der Datei testData.groovy (siehe Repo).


Verschachtelte Entities

Soweit so gut, wir haben den Roundtrip von der DSL über die Datenbank bis hin zum Test-Code geschafft. Bleibt noch offen, wie ein komplexes Datenmodell zu bedienen ist, d.h. wie wir mit Referenzen zwischen den Entities umgehen. Nehmen wir hierzu an, dass ein Benutzer einer Abteilung zugeordnet werden kann. Der User erhält also eine @ManyToOne Beziehung zum Department. In der DSL können wir die Erzeugung von Entities ganz einfach schachteln:

Was aber, wenn ein zweiter User derselben Abteilung angehört? Das Department mit der create Methode ein zweites Mal anzulegen ist offensichtlich keine Option. Wir müssen also eine Möglichkeit schaffen, bereits angelegte Entities aus der DSL heraus zu referenzieren. Da wir uns in ganz normalem Groovy-Code bewegen, wäre es möglich, sich ein von der create Methode erzeugtes Entity in einer Variablen zu merken. Mit ein wenig Unterstützung vom EntityBuilder geht das aber auch einfacher:

Was geht hier nun vor sich? Wie kann die Zuweisung department = lostBoys funktionieren, ohne dass lostBoys initialisiert wurde? Hier greifen wieder verschiedene Groovy-Eigenschaften ineinander: lostBoys ist zunächst ein Bezeichner, der nicht aufgelöst werden kann. Groovy ruft in diesem Fall einen Getter für ein Property mit dem Namen des Bezeichners auf – ähnlich wie den Setter bei der Zuweisung von Werten zu Variablen. Analog entspricht der Ausdruck myObject.someProperty dem Aufruf myObject.getSomeProperty(). Auch hier stellt sich wieder die Frage, worauf der Getter aufgerufen wird. Das Delegate des Closures kann es nicht sein. Das ist in diesem Fall eine User-Instanz, die sicherlich keine Methode getLostBoys() bietet. An dieser Stelle kommt das oben beschriebene Delegate des Skripts ins Spiel. Wir erinnern uns, der EntityBuilder setzt sich vorm Ausführen des Skripts selbst als Delegate. Zwar hat auch der EntityBuilder keine Methode getLostBoys(), er implementiert aber die Methode propertyMissing, die von Groovy beim Zugriff auf ein nicht existierendes Property mit dessen Namen aufgerufen wird. Auf diese Weise können wir nun das zuvor angelegte Department unter dem Namen „lostBoys“ auffinden und zurückgeben, so dass es im Skript als Wert gesetzt wird:

Das Ganze lässt sich sogar so weit treiben, dass wir Peter als Department-Head setzen, während wir das Department anlegen und ihm zuordnen:


Code Completion

Damit haben wir eigentlich alles was wir brauchen. Es geht aber noch ein bisschen komfortabler. Bislang sind wir bei der Definition der eigentlichen Entity-Daten ziemlich auf uns gestellt. Innerhalb der DSL gibt es keine Möglichkeit herauszufinden, welche Properties ein Entity hat und von welchem Typ sie sind. Code-Completion durch die IDE ist somit auch nicht möglich.

Wir können der IDE allerdings mitteilen, was Delegate des Closures sein wird. Alle Informationen sind im Aufruf der statischen create Methode des EntityBuilders vorhanden. Das Delegate des Closures ist immer eine Instanz der gleichzeitig übergebenen Klasse. Ergänzen wir daher die create Methode um zwei Annotationen, um diese Information bekannt zu machen:

Im Resultat, weiß die IDE (hier IntelliJ IDEA), dass in unserem Beispiel Aufrufe innerhalb des Closures an eine User-Instanz delegiert werden und bietet entsprechend die Properties des Users an.

Fazit

Geschafft! Unsere DSL erlaubt es, Testdaten leicht lesbar, modular und getrennt vom eigentlichen Testcode zu definieren. Hierarchien können verschachtelt und objektorientiert, statt über Fremdschlüssel, abgebildet werden. Dabei müssen wir die Java-Welt nicht verlassen und keinen gedanklichen Bruch hin zum relationalen Modell der Datenbank hinnehmen. Da wir uns innerhalb der DSL in Groovy-Code bewegen, genießen wir alle Freiheiten, die eine Programmiersprache so mit sich bringt. Ein denkbares Szenario wäre z. B., große Datenmengen über Schleifen zu generieren.
In diesem Artikel unbehandelt bleibt allerdings die Frage, wie die Datenbank nach einem Testfall bereinigt werden soll. In den vorgeführten Beispielen (Demo.java) machen wir es uns einfach und rollen nach jedem Test die Transaktion zurück. Für einen wirklich integrativen Test ist das natürlich keine Option. In „echten“ Projekten haben wir bislang mittels Datenbank-Skript und TRUNCATE TABLE alle Tabellen geleert. Bei großen Schemata hat sich das allerdings erheblich auf die Ausführungszeit der Tests ausgewirkt. Es wäre interessant auszuprobieren, ob es effizienter wäre, die Datenbank programmatisch zu bereinigen. Über einen Stack sollte es relativ einfach möglich sein, die angelegten Entities in umgekehrter Reihenfolge wieder zu löschen.


Und noch ein kleiner Wermutstropfen: Die DSL könnte sich mit einer Fluent-API noch schöner gestalten, z. B.:

Da sich die Definition hier aber über drei Methodenaufrufe verteilt (create, named und with), habe ich keine Möglichkeit gefunden, das Delegate des Closures über Annotationen bekannt zu machen. Grund ist, dass die Klasse, an die delegiert wird, an eine andere Methode übergeben wird als das Closure selbst. Zugunsten der Code-Completion habe ich mich daher für eine etwas unschönere DSL-Syntax entschieden. Vielleicht fällt ja jemandem ein, wie man beides haben kann? Pull-Requests mit Verbesserungen sind in jedem Fall willkommen.


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